Muss ich mich beim Yoga verbiegen können? Die Wahrheit über Flexibilität und Praxis.

Einleitung

Yoga ist längst nicht mehr nur eine esoterische Übungsmethode, sondern hat sich zu einem globalen Gesundheits- und Wellnessphänomen entwickelt. Doch gibt es eine weitverbreitete Vorstellung, dass Yoga nur für die besonders Biegsamen ist. In diesem Blogartikel möchte ich die Frage beleuchten, ob es tatsächlich notwendig oder überhaupt sinnvoll ist, sich beim Yoga zu verbiegen, und wie Flexibilität in der Praxis wirklich aussieht.

Der Mythos der übermenschlichen Flexibilität

Wenn wir an Yoga denken, kommen uns oft Bilder von Menschen in atemberaubenden Asanas in den Sinn, die anmutig und mühelos wirken. Dieses Bild kann abschreckend wirken, besonders für Anfänger, die möglicherweise nicht die gleiche Flexibilität oder Kraft haben. Oft höre ich von Menschen im Gespräch über Yoga: „Yoga ist nichts für mich, ich bin viel zu unflexibel“. 

Dabei ist genau das der Irrglaube.

Yoga geht über Flexibilität hinaus

Es ist wichtig zu verstehen, dass Yoga nicht nur auf körperliche Flexibilität abzielt. Es ist eine ganzheitliche Praxis, die Körper, Geist und Seele miteinander verbindet. Die Asanas sind außerdem nur ein Teil des gesamten Yoga-Spektrums.

Flexibilität: Ein individuelles Spektrum

Jeder Mensch ist einzigartig. Das bedeutet, dass auch unsere körperlichen Fähigkeiten und Grenzen einzigartig sind. Es ist nicht notwendig, sich in komplizierte Positionen zu zwängen, um die Vorteile des Yoga zu genießen. Wichtiger ist es, die eigenen Grenzen zu respektieren und aufmerksam auf den eigenen Körper zu hören.

Der Nutzen von Flexibilität

Eine gewisse Flexibilität ist zweifellos ein wertvoller Bestandteil der körperlichen Gesundheit. Sie kann Schmerzen lindern, die Beweglichkeit verbessern und Verletzungen vorbeugen.

Anatomisch gesehen können manche Asanas (Bild) meiner Meinung nach sogar gefährlich sein. Die sensible Lendenwirbelsäule wird bei starken Rückbeugen auf eine Art und Weise in eine Kompression gezwungen, die anatomisch gesehen garnicht sinnvoll ist und sogar gesundheitsschädlich sein kann.

Gerade der untere Lendenwirbelbereich benötigt Stabilität und Kräftigung – nicht aber Flexibilität, weshalb ich auf bestimmte ausgefallene Asanas (mittlerweile auch für meine eigene Praxis und im Unterricht sowieso immer schon) lieber verzichte und stattdessen sanftere Asanas bevorzuge.

Alternativen und Modifikationen

Yoga bietet zahlreiche Variationen und Modifikationen, um den individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden. Es muss nicht immer ausgefallen oder extrem sein. 

Eine sorgfältig und sanft ausgeführte Rückbeuge im „Heraufschauenden Hund“ (Urdhva Mukha Svanasana) kann deine gesamte Körpervorderseite ebenso gut dehnen, ohne den unteren Rücken zu stark zu beanspruchen. Ein halber Schulterstand (Ardha Sarvangasana) – eventuell gestützt durch eine Erhöhung unter dem Gesäß – hat eine ebenso gute Wirkung auf unser Herz Kreislaufsystem wie ein ganzer Schulterstand – ohne dabei zu viel Druck auf den Kopf oder auf die sensible Halswirbelsäule auszuüben. 

Es gibt so viele Alternativen bei denen die gleiche körperliche Komponente – auf eine sanftere Art – geübt und gestärkt werden kann.

Fazit: Die eigene Reise im Yoga

Es ist wichtig zu verstehen, dass Yoga keine Wettbewerbssportart ist. Es geht nicht darum, sich in extreme Positionen zu zwängen, sondern darum, eine Verbindung zum eigenen Körper herzustellen und sich wohlzufühlen. Flexibilität ist ein wertvoller Bestandteil, aber nicht der einzige und kann im Übermaß sogar gesundheitsschädlich sein. (Hyperflexibilität). 

Jeder kann von Yoga profitieren, unabhängig von seinem individuellen Flexibilitätslevel.

In der Yoga-Praxis geht es darum, achtsam mit sich selbst umzugehen und die eigene Reise zu respektieren. Indem wir dies tun, können wir die vielfältigen Vorteile von Yoga in vollen Zügen genießen, ganz ohne das Gefühl, sich verbiegen zu müssen.